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Literaturcafé „Der Ausflug der toten Mädchen“ von Anna Segher
12. März 2019 um 19:00 - 21:00
Liebe Literaturfreundinnen und -freunde!
Hiermit seid ihr ganz herzlich eingeladen, an unserem
Literaturcafé am 12. März 2019 um 19:00h in der Kulturschmiede in Cronenberg
teilzunehmen.
Wir haben uns vorgenommen, über Anna Seghers zu sprechen. (9,99€)
Erstens: Da ist zunächst ihre fantastisch-realistische Erzählung „Der Ausflug der toten Mädchen“, im mexikanischen Exil voller Sehnsucht nach Vergegenwärtigung der verlorenen Heimat 1944 verfasst.
Auf einer Wanderung durch Mexiko erinnert sich Anna Seghers fast wie im Traum an einen Schulausflug im Jahr 1912 und an ihre Klassenkameradinnen Leni, Marianne, Lore, und Nora in einst glücklichen Tagen. Rückblickend schildert sie deren Schicksale über die Zeit des Ersten Weltkrieges bis zum Nazizeit. Tragische Schicksale über Liebe, Freundschaft, Verrat, Grausamkeit, Heuchelei und Tod – berührend, bedrückend, eindringlich.
„Als versierte Erzählerin überblendet Anna Seghers beinahe unmerklich, oft mitten in einem einzigen Satz, Vergangenheit und Gegenwart, Heimat und Exil. Sie taucht noch einmal ein in den Zauber der Jugendjahre, verdichtet die beiden Weltkriege zu einem einzigen katastrophalen Ereignis und gibt ihrem Entsetzen über die Gegenwart des Dritten Reiches Ausdruck.“ Holger Schlodder, NDR Kultur
Sonja Hilzinger: „Diese Erzählung gilt als eines der Meisterwerke deutschsprachiger Literatur.“
Zweitens: Zur Debatte steht auch Anna Seghers‘ kunstvoller Roman „Transit“, den sie in den Jahren 1941 und 1942 in Mexiko schrieb und der nicht nur der vielleicht bedeutendste deutsche Exilroman ist, der die „transitäre Existenz“ eines Heimatvertriebenen am Beispiel eines anonym bleibenden Erzählers, den es in die Hafenstadt Marseille verschlagen hat, beschreibt. Christian Petzold hat ihn als Vorlage für seinen vergangenes Jahr uraufgeführten Film genommen und die Handlung in die Gegenwart versetzt. Diesen Film wollen wir am 2. April mit dem Erzähltext vergleichen.
(12,00€)
Flüchtlinge aus allen Ländern Europas treffen 1940 zu Tausenden in Marseille ein. Sie hetzen nach Visa, Stempeln, Bescheinigungen, ohne die sie den Kontinent nicht verlassen können. Im Chaos der Stadt, in den Cafés, auf der Jagd von Behörde zu Behörde kreuzen sich ihre Wege. Unter ihnen der Ich-Erzähler, der eine schmerzliche Liebe zu der Frau durchlebt, die rastlos ihren Mann sucht, an dessen Tod sie nicht glauben will. Mit falschen Papieren und – durch Zufall – mit der Hinterlassenschaft jenes Toten ausgestattet, erhält er durch glückliche Umstände eine Passage nach Übersee. Doch er gibt sie zurück. Auf ihrer eigenen Odyssee von Marseille nach Mexiko – unmittelbar unter dem Eindruck ihrer persönlichen Erlebnisse – begann Anna Seghers an diesem Roman zu arbeiten. Dennoch spiegelt er die Ereignisse nicht einfach wider, sondern ist ein Werk großer Kunst und Künstlichkeit, voll Ironie, Spiel und scheinbarer Leichtigkeit. (Klappentext Aufbau Verlag)
Christa Wolf: ›Transit‹ gehört zu den Büchern, die in mein Leben eingreifen, an denen mein Leben weiterschreibt, so dass ich sie alle paar Jahre zur Hand nehmen muss, um zu sehen, was inzwischen mit mir und mit ihnen passiert ist.
Hans-Albert Walter: Bodenlos, der Roman… Ein Labyrinth. Ein Spiegelsaal. Ein Irrgarten. Angelegt mit der somnambulen Sicherheit, von der Heinrich Böll gesprochen hat, Anna Seghers die kompositorische Meisterschaft attestierend…
Sonja Hilzinger im Nachwort: Der eine kann sich, während er seine Lebensgeschichte noch einmal durchdenkt und ordnet, seiner Identität vergewissern und eine Perspektive für sein weiteres Leben gewinnen, der andere kann, zuhörend, teilhaben an der Erfahrung seines Gesprächspartners, daraus Einsichten in eigene Probleme gewinnen und kann trösten und ermutigen. In dieser sozialen Funktion des Erzählens liegt seine Bedeutung in der flüchtigen Transit-Welt. Sie erlaubt es, das Alleinsein zu überwinden, Erfahrungen zu vermitteln und zu sich selber zu kommen.
Ich freue mich auf eure Eindrücke!
Jens Clausen