Klimaschutz u.Energiewende im Zeitalter des „Trumpismus“

Veranstaltung vom 14. Juni 2018 mit Prof. Dr. Peter Hennicke

Klimaschutz und Energiewende im Zeitalter desTrumpismus“

Präsident Trump ist mit weniger Stimmen als Hillary Clinton und mit nur 25,5% der Wahlberechtigten – dank des besonderen US-Wahlsystems – an die Macht kam. Kein Zweifel: Dieser Präsident sei, so Hennicke, für die Weltpolitik ein gefährliches Irrlicht und ein Supergau für die amerikanische Demokratie. Aber „Trump-Bashing“ führe nicht weiter, wenn die soziale Basis der Trumpwähler nicht Ernst genommen und keine konkreten Antworten auf deren wachsende Demokratiefeindlichkeit gefunden werden. Dieses Handlungsdefizit bestehe auch in anderen Ländern. Auch in Europa kann der Rechtspopulismus als Ausdruck des grassierenden „Trumpismus“ verstanden werden.

Trump`s Macht beruhe – im Gegensatz zu vergleichbaren Autokraten anderer Ländern – auf der ökonomischen Stärke des US-Rüstungsimperialismus, der Leitwährung Dollar und des amerikanischen Finanzmarkts. Trump`s ökonomische Schwäche sind das exorbitant steigende Haushalts- und Außenhandelsdefizit und die Verschärfung der Verteilungsprobleme in den USA.

Insofern sei es nur eine Frage der Zeit, bis auch Trump`s Wählerbasis zu spüren bekommt, dass ein Milliardär und Egomane nicht ihre soziale Lage verbessert, sondern die wirklich großen sozialen und ökologischen Probleme eher verschärft als sie zu lösen.

Denn das derzeitige Kardinalproblem der Politik bleibe mit oder ohne Trump bestehen: Die wirklich großen Fragen, werden kaum noch gestellt und sind aus den Headlines verschwunden. Auch die Medieninszenierung des „Trumpismus“ habe zusammen mit der medialen Auschlachtung der Flüchtlingsprobleme dazu beigetragen, grundlegene globale und nationale Fragen in den Hintergrund zu drängen, z.B.:

  • Wie können die multiplen Klima-, Armuts- , Finanz- und Verteilungskrisen gelöst werden?
  • Ist mehr Lebensqualität (besseres Wirtschaftswachstum) für eine wachsende Weltbevölkerung mit weniger Naturverbrauch (“Entkopplung“) möglich?
  • Kann „grüner Fortschritt“ eine nachhaltigere Entwicklung („better growth“) sichern?
  • Hat die Vision einer Gesellschaft ohne Ausbeutung von Mensch und Natur noch eine Realisierungschance?

Gesellschaft und Politik brauchen Zukunftsvisionen und –konzepte um die Welt besser mitmenschlich und lebensfähig zu gestalten. Es müsste hierzu quasi einen gesellschaftlichen und politischen ‘Koalitionsvertrag‘ mit einer Präambel geben, in der steht: „Wir wollen nachhaltiger produzieren und konsumieren und dürfen nicht auf Kosten von Um-, Mit- und Nachwelt leben!“

So, wie es zum Beispiel Ulrich Brand und Markus Wissen in ihrem Buch formulieren- “Von der ‘imperialen‘ zur solidarischen Lebensweise“!

Noch befinde sich die Welt, so Hennicke, global betrachtet, an einer Weggabelung entweder in Richtung „Barbarisierung“ oder in Richtung auf „große Transformation zur Nachhaltigkeit“. Aber der fortschreitende Klimawandel, der rapide Verlust an Artenvielfalt und das Anschwellen auch der Klimaflüchtlinge signalisieren, dass der Entwickungspfad in Richtung „Nachhaltigkeit“ nicht mehr lange wählbar sein wird.

Prof. Dr. Peter Hennicke zeigte am Abend des 14. Juni in der Kulturschmiede den Besuchern zunächst die ökonomische, soziale und politische Ist-Situation anhand von Zahlen und Fakten. Er unterstrich seine Thesen auch mit Verweis auf Aussagen verschiedenster Persönlichkeiten, wie z.B.:

  • „ …Wir kommen heute nicht mehr umhin anzuerkennen, dass ein wirklicher ökologischer Ansatz sich immer in einen sozialen Ansatz verwandelt, der die Gerechtigkeit in die Umweltdiskussion aufnehmen muss, um die Klage der Armen ebenso zu hören wie die Klage der Erde. …“ (Quelle: Papst Franziskus, Laudato Si, S. 44)
  • „ … Und wenn Marx die bloß formellen Freiheiten in der bürgerlichen Gesellschaft kritisierte und die Durchsetzung der reellen, sozialen Freiheiten verlangte, dann propagierte er keineswegs einen anarchistischen Umsturz, sondern äußerte den legitimen Anspruch auf das, was wir heute mit umfassender Teilhabe für alle meinen und auch von Seiten der Kirchen einfordern … . (K. Marx) wollte keineswegs hinter die Errungenschaften der Französischen Revolution zurück, sondern diese vielmehr vollenden. …“ (Quelle: Kardinal Reinhard Marx in: Sonntagsblatt 360° Evangelisch)
  • „ … Trump hat uns Amerikanern ein großes Geschenk gemacht. Durch seine Grobschlächtigkeit und Inkompetenz stößt er permanent Menschen vor den Kopf – und sie schlagen zurück. Er hat mehr Amerikaner für die Politik sensibilisiert als jeder andere Präsident vor ihm … .
    Trump ist wirklich das Letzte. Andere Länder haben ja auch lächerliche Führer, aber Trump – come on?!!“ (Quelle: US-Schauspielerin und Oscar-Gewinnerin Susan Sarandon; FR. 8.11.2017)

Darüberhinaus verwies Hennicke auf eine Vielzahl hoffnungsvoller technologischer und sozialer Megatrends (z.B. bei erneuerbaren Energien ), auf machtvoller Allianzen (z.B.zum Ausstieg aus fossilen Energien) und auf sozial verantwortliches Engagement von Finanzinvestoren

Denn abgesichts der derzeitigen ökologischen und sozialen Krisen stellt sich vor allem die Frage, ob das 2-Grad-Ziel noch zu erreichen ist. Die Zielerreichung würde nicht nur extremen globalen Klimaschäden entgegen wirken, sondern auch die zunehmende Flüchtlingswelle von „Klimaasylsuchenden“ begrenzen. Bislang kannte man nur Flüchtlinge als Opfer von Kriegen, politischer Unterdrückung und Vertreibung, inzwischen kommen immer mehr klimabedingte Ursachen und Verstärker hinzu.

Konkrete Maßnahmen auf unterschiedlichen Akteursebenen müssen mit ökologischen Leitbildern, „grünen“ Wirtschaftskonzepten und –strategien bis hin zu einer konsequenten Kreislaufwirtschaft verbunden werden. Der Aufbau und die Erweiterung einer „polyzentrischen Energiespar-Gouvernance“ wäre z. B. ein Konzept für Deutschland, um die ambitionierten Energiesparziele der Bundesregierung zu erreichen (mehr Infos zum Vorschlag einer Bundeseffizienzagentur: https://epub.wupperinst.org/frontdoor/deliver/index/docId/5161/file/5161_BAEff.pdf )

„Eine Energiewende ist der Kern jeder „grünen Ökonomie“ und derzeit das konkreteste Zukunftsprojekt … in Deutschland und anderswo“ stellt Hennicke fest.

Unter der Prämisse „Lokal handeln, um global zu verändern“ wies der ehemalige Präsident des Wuppertal Instituts auch auf inzwischen praktizierte Leitkonzepte aus Ländern wie Dänemark und der Schweiz hin.

Die von der Bundesregierung unter Angela Merkel 2010 formulierten „Revolutionären Ziele“ der Energiewende befinden sich dagegen hinsichtlich der Umsetzung noch „in den Kinderschuhen“. Immerhin habe jedoch die Bundesregierung im neuen Koalitionsvertrag 2017 erneut einen politischen Plan mit ambitionierten Sektorzielen zur C02-Minderung bis 2030 abgekündigt. Noch bestehe Hoffnung, dass durch diese Selbstbindung der Politik mehr Verantwortung für Klimaschutz und Energiewende übernommen wird. Denn die Energiewende sei nicht nur ein hochkomplexes Technologieprojekt, sondern eine grundlegende soziale Transformationsstrategie zu Gunsten der Risikobegrenzung für Kinder, Enkel und nachkommende Generationen.

Letzlich müsse daher ein gesellschaftlicher Diskurs über die Grundsatzfrage geführt werden: In welchem Land wollen wir als Gesellschaft und jeder von uns in Zukunft leben? Jutta Allmendinger habe in einer repräsentativen Befragung diese Grundsatzfrag in drei Teilfragen aufgegliedert und sehr lesenswerte Anworten bekommen:„Wie ist es heute? Wie soll es werden? Wie wird es sein?“
Im Anschluss an den Vortrag beantwortete Prof. Hennicke Publikumsfragen. Unter anderem wurde über Trumps Anhängerschaft in einem Vergleich mit europäischen Populisten und rechten Kräften diskutiert. Auch die Umsetzungsfragen und der notwendige weltweite Paradigmenwechsels in Hinblick auf „Energie- und Ressourceneffizienz“ als ein essenzielles Ziel wurde besprochen.

Abschließend applaudierten die Gäste Prof. Dr. Peter Hennicke dankend, dessen wissenschaftliche Vorträge man ansonsten eigentlich eher in einem Kongress- oder Hörsaal hören kann.